"Mitte Februar?", fragte ich entsetzt und warf Broomlee einen erbosten Blick zu. "Das war vor vier Monaten! Du hast es vier Monate lang verheimlicht!" Ich war sehr empört. Byron war Broomlees erster Freund, und dann tat sie so etwas! Wobei ich ja auch so manches verheimlichte... Meine Gedanken wanderten wieder zu Matt, und mein schlechtes Gewissen meldete sich inzwischen sehr deutlich zu Wort. "Also gut, ich verzeihe dir nochmal, weil du jung und verliebt und dementsprechend nicht zurechnungsfähig bist", meinte ich. Ich grinste. "Aber auf deiner Seite bin ich noch lange nicht." Ich stand auf. "Ich muss jetzt aber los. Mach's gut, Schwesterchen." Und damit ließ ich meine Schwester, vielleicht etwas abrupt, sitzen.

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Ich zog eine Augenbraue hoch. "Das glaube ich nicht", gab ich trotzig von mir. Ich war erleichtert, dass Broomlee mir versicherte, nicht da schon mit Byron zusammen gewesen zu sein. Da hätte sie mich dann nämlich ganz schön lange angelogen! "Und wann hat das mit euch dann angefangen?", wollte ich mehr wissen. Bei ihren Worten musste ich erneut lachen. "Das Problem hast du doch aber auch, wenn Byron nicht mit von der Partie ist. Also stell dich nicht so an." Ich verzog das Gesicht, als Broomlee von Quidditch anfing. "Von wegen. Diese Reflexe habe ich nur dafür entwickelt, Bücher am Herunterfallen von viel zu hohen Stapeln zu hindern!" Und um diverse Abenteuer zu bestehen, die meistens nicht in Übereinstimmung mit den Schulregeln standen, aber das durfte Broomlee nicht wissen.

Ich kniff die Augen zusammen. "Ich finde schon!" Bei jemandem wie Adam konnte ich mir zumindest sicher sein, dass er Broomlee nie weh tun würde. Die Information, die Broomlee mir gab, überraschte mich allerdings. "Wirklich?" Mir kam ein Verdacht. "Warte mal, wart ihr da etwa schon zusammen?", fragte ich entrüstet nach. Ich lachte mitleidlos, als Broomlee jammerte und sich hinter ihrem Kissen versteckte. "Wenn er mit uns nicht fertig wird, ist er nicht der Richtige", beschied ich und fing das Kissen ab, mit dem Broomlee mich bewarf, um es zu ihr zurück zu pfeffern.

Ich warf meiner Schwester einen finsteren Blick zu, als sie meinte, ich hätte die gleiche Meinung wie Byrons Eltern. Ich kannte sie zwar nicht, aber die wenigen Informationen, die ich hatte, reichten mir. "Na schön, dann mag er dich wohl wirklich. Besser für ihn. Ich finde trotzdem, jemand wie Adam würde besser zu dir passen. Also, jemand wie er, der aber nicht auf unseren Bruder steht." Beim letzten Teil musste ich grinsen. Diese Informationen fand ich immer noch amüsant. Und noch lustiger fand ich Broomlees Reaktion auf meine Forderung. "Und wieso nicht?", fragte ich ein wenig sadistisch nach. "Wenn Byron so toll ist, müsstest du ihn doch allen liebend gerne vorstellen." Natürlich wusste ich, dass Broomlee ihre eigenen Gefühle vermutlich eher peinlich waren, und sie umgekehrt vermutlich Angst hatte, wie ihre nicht gerade ganz einfache Familie sie dastehen lassen würde. Aber da musste sie durch.

Ich hatte das eindeutige Gefühl, dass Broomlee mir nicht glaubte, und verzog das Gesicht. Mehr sagte ich allerdings nicht mehr dazu, weil jede Widerrede Broomlees Misstrauen nur gesteigert hätte. Außerdem ging es nun erst einmal wieder um diesen Byron. "Also bist du für ihn eine Möglichkeit, gegen seine Eltern zu rebellieren?", hakte ich kritisch nach. Byron war ein Slytherin, und als solcher eben nicht vertrauenswürdig! An sich hatte ich nichts per se gegen Slytherins, sie waren unterhaltsam, aber definitiv kein Freund-Material für meine Schwester! Als Broomlee jedoch davon sprach, was sie an Byron mochte, musterte ich sie überrascht. So hatte ich sie noch nie erlebt, sie musste ihn tatsächlich gern haben. "Das ist emotionale Erpressung!", beschwerte ich mich, nur leider zog sie trotzdem. "Na gut", gab ich also nach. "Eine Chance kriegt er." Ich grinste. "Wenn er zu uns zum Essen kommt." Dass er eine Chance bekam, hieß ja nicht, dass ich es ihm leicht machen musste. Mal sehen, wie er sich bei dem gesamten Wispell-Clan schlug.

"Das wird nicht nötig sein, so wichtig ist er nicht", wiegelte ich schnell ab. "Nur ein Bekannter." Das fehlte noch, dass Broomlee jetzt auch noch denjenigen kennenlernen wollte, den ich gerade erfunden hatte! Und ihr Lächeln dabei gefiel mir auch gar nicht, sie dachte bestimmt in eine ganz falsche Richtung! Zuerst war ich fast erleichtert, dass Broomlee das Thema hin zu ihrem neuen Freund wechselte, allerdings war ich auch nicht gerade erpicht darauf, über diesen Typen zu reden. "Und wieso hast du ihn gerne?", fragte ich entsprechend kritisch nach. "Er wirkt wie ein arroganter Schnösel."

"Aber wie du schon sagst, nur wenige", griff ich Broomlees Ansatz auf. "Und er ist ziemlich menschenscheu, also wirst du ihn sicher nicht kennen." Menschenscheu traf es zwar nicht ganz, aber viele Freunde hatte Matt ja nun wirklich nicht, er blieb meistens eher für sich oder hing mit Adam ab - oder mit mir, zumindest in letzter Zeit. Und damit war Matt der Einzige, mit dem ich abgesehen von meinen Geschwistern und den Lehrern tatsächlich regelmäßig Zeit verbrachte. Bei dem Gedanken begann ich mich immer unwohler zu fühlen, was unseren Streit von eben anging, auch wenn ich selbst nicht wusste, wieso.

Ob davor etwas passiert war? Eine Menge, schoss es mir durch den Kopf, aber das konnte ich Broomlee natürlich nicht sagen. "Nein", behauptete ich also. "Wir haben uns einfach normal unterhalten. Vielleicht etwas mehr und netter als sonst, aber das ist auch alles." Mehr oder weniger stimmte das ja auch. Bei Broomlees Nachfrage zögerte ich. Dass es sich um Matt handelte, konnte ich ihr nicht erzählen, das ließ allein mein Stolz nicht zu. Sie sollte ja nicht glauben, sie hätte Recht damit gehabt, ihn mir für den Ball auszusuchen! "Du kennst ihn nicht", sagte ich also. "Ist jemand aus meinem Jahrgang."

Meine Schwester war eigentlich die letzte Person, mit der ich über Probleme mit Matt reden wollte, nachdem sie ja nicht einmal wusste, dass ich mit ihm immer noch irgendwie in Kontakt stand. Aber als sie sich jetzt zu mir setzte und so provokativ nachfragte, platzte es aus mir heraus. "Ich habe überhaupt niemanden geärgert!", beschwerte ich mich. "Ich habe nur freundliche Fragen gestellt, aber eine gewisse Person muss dann ja gleich in die Luft gehen und sich darüber beschweren, wieso ich mich überhaupt dafür interessiere!"

Marisol verschlug es für einen Moment die Sprache, weil ein Anflug von schlechtem Gewissen in ihr aufblitzte. Der wurde aber schnell wieder von Ärger verdrängt. Sie hatte sich für die Kussgeschichte doch entschuldigt, was fing Matt denn jetzt schon wieder davon an! "Du bist ja auch so gar nicht nachtragend!", giftete sie mit offensichtlicher Ironie zurück. "Und wenn du dich gerne mit mir unterhalten willst, solltest du auf Fragen von mir nicht so schnippisch reagieren!" Kurz war der Impuls da, Matt zurückzuhalten, als er ging, doch ihr Stolz überwog dann doch, und so blieb sie nur mit verschränkten Armen auf ihrem Platz sitzen und sah ihm wütend hinterher.

Dass Matt auf eine einfache Frage aber auch so übertrieben reagieren musste! Jetzt fing er ernsthaft an, seine Sachen zu packen, und drohte, zu gehen. Dabei hatte er sich doch quasi beschwert, dass sie sich für ihn interessiert hatte! Wenn er glaubte, dass sie ihn darum bitten würde, zu bleiben, dann hatte er sich aber geschnitten! "Das werde ich. Jemanden, der nicht gleich abhaut, weil ihm was nicht passt", gab sie also schnippisch zurück. Wobei das nicht ganz ehrlich war, denn sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust, sich mit jemand anderem zu unterhalten. Matt war aus irgendeinem Grund in Ordnung, andere gingen ihr eher auf die Nerven. Wobei, das tat Matt gerade auch, aber aus einem anderen Grund.

"Und du hast wirklich keine Ahnung, was Adam sich da überlegt hat?", hakte Marisol nach, denn sie bezweifelte, dass sie da aus Gideon viel herausbekommen würde. Matt war da deutlich offener, eben weil er oft einfach nicht kapierte, dass er manche Sachen vielleicht nicht weitererzählen sollte. Wie wenig Ahnung er von Menschen hatte, zeigte auch seine nächste Antwort. Sie verdrehte die Augen. "Wow, wie aussagekräftig", spottete sie. "Als ob es sowas wie normale Familien gäbe." Leider ging er gleich darauf zum Gegenangriff über, und klang dabei auch noch richtiggehend schnippisch, was Marisol sauer aufstieß. Durfte sie denn nicht einmal nachfragen, ohne dass er ihr das gleich übel nahm? "Mir war eben langweilig, da ist dein Leben als Unterhaltung gerade gut genug, bis was Besseres kommt", gab sie ebenso schnippisch und mit verärgert blitzenden Augen zurück.

Marisol zeigte ein selbstgefälliges Grinsen, als sie nickte, ließ sich dann aber auch zu einer Erklärung hinab. "Ich war vorhin mit Gideon Mittagessen, als Adam ankam und mit ihm reden wollte. Also scheint er es sich anders überlegt zu haben." Sie fand es etwas überraschend, dass Matt nichts von dem Sinneswandel seines besten Freundes wusste. Andererseits war Matt ja nicht gerade der Aufmerksamste, was andere Menschen anging. Bei seiner Frage runzelte sie die Stirn. "Ich glaube nicht. Also, Broomlee hat jedenfalls kein Problem damit, Sera und Vici sicher auch nicht. Bei unserem Dad bin ich mir auch sehr sicher." Blieb nur... "Vera könnte möglicherweise die Einzige sein. Naja, sie war in Slytherin und ist etwas traditioneller geprägt als der Rest von uns. Andererseits ist Adam so mustergültig, dass sie wahrscheinlich einfach froh über den guten Einfluss sein wird, den er auf Gideon ausübt." Als Matt ihre Frage auf diese sachliche Weise beantwortete, verdrehte sie die Augen. "Was du gerne machst, weiß ich schon. Ich meinte, wie deine Beziehung zu deiner Familie ist." Erstaunlich, dass sie schon so viel über Matt wusste, normalerweise nahm sie sich nicht die Zeit, jemanden so gut kennenzulernen. Überraschend war auch, dass sein letzter Satz sie störte. Nicht, dass sie mit ihm eine Beziehung wollte. Und viel gelaufen war jetzt ja auch nicht zwischen ihnen. Aber sie waren jetzt auch nicht rein platonisch miteinander, und ihrer Meinung nach hätte er sich durchaus mal mit der Frage auseinandersetzen können, ob er eine Beziehung mit ihr wollte. Ihr würde es jedenfalls deutlich besser gefallen, wenn er mit ihr zusammen sein wollte, auch wenn sie darauf natürlich nicht eingehen würde, stellte sie fest, während sie so stirnrunzelnd darüber nachdachte. Nicht, weil ihr so viel daran gelegen wäre, es würde sich einfach so gehören, redete sie sich ein.

Marisol runzelte die Stirn, während sie so zurückdachte. "Hm, wenn ich es recht überlege, gab es bisher niemanden, der es versucht hatte", stellte sie, selbst überrascht, fest. "Ich glaube, Manveere interessiert sich nicht einmal für Beziehungen. Vici ist recht offen, sie hatte sicher mal jemanden, aber den hat sie nie mit nach Hause gebracht. Und Gideon hatte zwar alle möglichen Affären, aber nie ernsthaft genug, um sie der Familie vorzustellen." Und von sich selbst brauchte sie ja gar nicht anfangen. Sie würde sicher niemanden mitbringen, sie wollte ihrem Dad und Vera ja keinen Herzinfarkt verpassen. Sie grinste. "Also, Adam steht da was bevor, sollte das mit ihm und Gideon jetzt doch was werden." Sie war selbst überrascht von der Neugierde, mit der sie dann zuhörte, was Matt über seine Familie erzählte. "Und wie passt du da rein?", fragte sie schließlich, denn das wa rihr noch nicht ganz klar. Bisher hatte sie Matt mit seiner Familie ja nicht erlebt.

"Nur, wenn derjenige nicht würdig genug für eine Wispell ist", korrigierte Marisol Matt mit einem selbstzufriedenen Lächeln. Wobei sie sich ziemlich sicher war, dass ihre Familie bei jedem, den sie möglicherweise anschleppen würde, mehr als anstrengend sein würde, schließlich war sie das Nesthäkchen. Einen Grund mehr, so etwas schön zu unterlassen. Und jemanden wie Matt würde sie gleich dreimal nicht mitbringen, Broomlees kritische Nachfrage hatte sie darin wieder einmal bestätigt. "Und wie ist deine Familie so drauf?", fragte sie gleich darauf, aus einer ihr selbst nicht ganz erklärbaren Neugierde heraus. Sie wusste, dass Matt mehrere Geschwister hatte, hatte bisher aber niemanden davon kennen gelernt.

Marisol lehnte sich wieder in ihrem Sessel zurück, zufrieden, dass Matt ihr Problem verstand. Bei seiner Nachfrage grinste sie. "Oh, ich werde überhaupt nichts machen. Das überlasse ich meiner Familie." Sie hob ihre Hand, um an ihren Fingern abzuzählen. "Da wäre einmal unsere Tante Sera, die absolut unberechenbar ist. Dann unsere große Schwester Manveere, die diesen Byron hassen wird und ihn vermutlich mit einem bösen Blick vertreibt. Dann unser Vater, der wird von Byron sicher auch nicht begeistert sein. Gut, unsere zweitälteste Schwester Vici wird vermutlich nett sein, aber dafür gibt es dann ja Gideon, der in einem Jahrgang mit Byron ist und, wie ich ihn kenne, wahrscheinlich bereits ein Problem mit ihm hat." Sie ließ ihre Hand wieder sinken. "Also, wie du siehst, ich muss da gar nicht viel unternehmen." Bei diesen Worten sah sie sehr zufrieden aus.

Für seine Aussage hätte Marisol Matt am liebsten wieder einen Kopf kürzer gemacht. Wütend funkelte sie ihn an - auch wenn er das dank seinem Buch gerade nicht sehen konnte. "Ich kenne meine Schwester, ich bin mir da also sehr sicher!" Immerhin schenkte er ihr jetzt seine volle Aufmerksamkeit, wie sie mit Befriedigung wahrnahm. Allerdings weckte sein nächster, erstaunlich nüchterner Satz eine Spur schlechten Gewissens in ihr. Was sie ihm gegenüber allerdings nie eingestehen würde. "Sie kann sich für andere einsetzen, aber nicht für sich selbst", erklärte sie Matt, was für jeden offensichtlich sein sollte, der Broomlee ein bisschen kannte. Endlich kapierte er dann aber, worauf sie eigentlich hinauswollte. "Du hast es erfasst, was auch wirklich mal Zeit wurde. Natürlich bin ich der Meinung, dass Byron nicht geeignet ist für meine Schwester!"

Dass Matt auch nicht sonderlich angetan zu sein schien von Byron, gefiel Marisol. Das, was er danach von sich gab, eher weniger. "Ich glaube nicht, dass meine Schwester groß nachgedacht hat, sie wirkt auf mich gerade sehr hormongesteuert!", widersprach sie vehement. Gleich darauf weiteten sich ihre Augen. "Was das Problem ist?" Sie holte einmal tief Luft. "Das Problem ist, dass Broomlee naiv und unschuldig ist, und verletzlich, und außerdem gerade offensichtlich nicht klar denken kann. Und dass dieser Byron alles andere als unschuldig zu sein scheint und sie bestimmt ausnutzen und verletzen wird!" Und weil Marisol bereits gemerkt hatte, dass man Matt einige Dinge sehr genau erklären musste, fügte sie an: "Und weil sie meine Schwester ist, ist das auch meine Sache, ich muss schließlich auf sie aufpassen." Broomlee sah das zwar genau andersherum, aber das war ein Glaube, in dem Marisol sie um ihretwillen ließ.

Auf Matts Begrüßung hin machte Marisol nur eine ungeduldige Handgeste, die ihm deutlich machen sollte, mit der Sprache herauszurücken. Was er immerhin dann auch tat. "Arrogant, überheblich und provokant, das passt. Byron Cain also." Sie verzog das Gesicht. Immerhin kein Reinblut-Fanatiker, und feige war er wohl auch nicht. Es gefiel ihr trotzdem nicht. "Ich frage, weil dieser arrogante Slytherin seit Neuestem mit meiner lieben, naiven Schwester zusammen ist." Ihr war deutlich anzusehen, wie sehr ihr das missfiel. Und weil sie sich bereits in Rage geredet hatte, machte sie gleich weiter. "Ich meine, was soll das? Ja sicher, das mit Adam konnte ja nicht funktionieren, weil Adam schwul ist, aber wieso muss Broomlee gleich so eine 180 Grad Kehrtwende machen?"